07 Mai 2008

Die Dinosaurier werden immer trauriger...

Schon seit längerem wollte ich mal einen Eintrag zu den großen Standardapps schreiben, die ich fast kaum noch benutze. Die Dinosaurier geraten so langsam ins Wanken:

Office 2008 für den Mac habe ich persönlich noch nicht getestet, doch reichen mir die Testberichte anderer, um sagen zu können, dass ich von MS enttäuscht bin. Sie haben es nicht geschafft, ihre neue Officeapplikation für die Intel-Chips so zu optimieren oder anzupassen, dass sie sich schnell öffnen und schnell bei der Arbeit sind. Nope, nada. Dafür kann man jetzt in einer verteilten Arbeitsgruppe mit Chinesen und Indern die Korrekturen besser einsehen. SUPER, aber wer braucht das? Kann sich noch jemand an Word 5.1 erinnern? Das war so ungefähr die Zeit, in der ich zum Mac gekommen bin, doch kam dann irgendwann Office 6 oder so heraus, so dass ich kaum bis gar nicht mit Word 5.1 gearbeitet habe. Was ich damals nicht verstanden habe, war, dass viele (gefühlte 90%) der Word 5.1-User den Umstieg auf das neue Office gar nicht oder erst sehr spät gemacht haben. Jetzt verstehe ich es. Damals war ich noch in dem Wahn, dass jede neue Software immer besser als die vorangehende ist. Das trifft zwar auf die meisten Apps zu, wohl aber nicht bei MS. Denn seitdem gibt es immer mehr Features, das UI ist überladen (auch wenn es im Vergleich zu Windows noch sehr moderat ist), überall wimmeln Assistenten, aber nix, was wirklich die Arbeit erleichtern würde.

Microsoft_Word_5.1_(b&w).png

Was braucht man sonst noch für einen Texteditor an Funktionen auf den ersten Blick?



Somit habe ich eigentlich keine Lust, mir das neue Office zu kaufen und zu installieren! Warum noch mehr KlickiBunti?
Seitdem ich diesen Entschluss gefasst habe, suche ich nach Alternativen und teste diese ausführlich. Schon seit längerem nutze ich Pages und NeoOffice, wobei ich mit ersterem mehr Erfahrungen habe als mit letzterem. Pages öffnet sich schnell, hat ein übersichtliches UI und alle weiterführenden Funktionen sind in Menüs versteckt. Wunderbar, genauso möchte ich es. Das Arbeiten geht wunderbar vonstatten, auch der Im- und Export von Worddateien, leider dem Standard der Rest der Welt, klappt problemlos. NeoOffice habe ich noch nicht so oft verwendet, bin aber ob des Interfaces beeindruckt. Fühlt sich fast wie Office an, doch ist frei wie in Freibier!
Powerpoint habe ich eigentlich fast schon komplett von meiner Festplatte verbannt, da ich nur Keynote nutze. Ich bin damit einfach schneller und rege mich nicht über das hässliche UI auf. Auch ist es aufgeräumter und flexibler als Powerpoint. Die Kompatibilität mit PPT ist ein wenig eingeschränkt, aber meine Präsentationen gebe ich eh meist nur als PDFs weg. Nur ein Tipp: Immer eine PDF-Version seiner Keynote-Präsentation dabei haben, denn nicht immer kann man sein eigenes Laptop an den Beamer hängen, aber einen PDF-Reader hat jeder installiert. Da gibt es dann einen Präsentationsmodus, mit dem sich dann ebenso gut präsentieren lässt. Gut, auf Filme und Folienübergänge muss man verzichten. Dafür klappt es aber 100%ig!
Excel ist nicht ein Programm, mit dem ich viel arbeite, so dass ich da noch nicht den Sprung zu Numbers gemacht habe. Von daher kann ich zu dieser Kombi nicht viel sagen.

Photoshop ist auch noch so ein Dinosaurier, den ich kaum noch nutze. 80% meiner PS-Arbeiten mache ich mit Pixelmator, welches in wenigen Sekunden geöffnet ist und meine Beschneidungs- und Rotationsarbeiten anstandslos verrichtet. Wenn es komplizierter ist, öffne ich PS, aber es ist schon verdammt weniger geworden. Aber das Warten auf PS wird von Version zu Version auch immer länger. Irgendwo habe ich auch mal gelesen, dass PS7 die beste Version gewesen wäre. Seitdem gibt es nur noch Features mehr, die vorher komplizierter selbständig zu erzeugen waren. Buper!

Auf der einen Seite verstehe ich die Firmen, dass sie sich genötigt fühlen, alle paar Jahre ihre Software mit neuen Features auf den Markt zu werfen, die das Produkt von anderen abheben. Aber irgendwann ist eigentlich der Zeitpunkt erreicht, mal das Konzept zu überdenken und neu anzufangen. Apple hat diesen Schritt bei iMovie gemacht – und leider versagt (iMovie'06 finde ich um Längen besser als '08 - das Rendern der Filmclips nach dem Import nervt mich einfach! Das dauert Stunden, obwohl ich nur was schneiden möchte). Aber zumindest trauen die sich mal etwas.
Was spricht gegen ein Office von MS, welches sich in 3 Sekunden öffnet, einem ohne viel Gedöns eine Formatierungszeile im Fenster anbietet und den Rest in Menüs versteckt? Alle wären produktiver...

Noch ein Beispiel ist GoLive 8 von Adobe. Ich kenne und nutze das Produkt seit der ersten Version, als es noch Cyberstudio GoLive hieß und noch aus Hamburg kam. Mich faszinierte von Anfang an das visuelle Verlinken von Webseiten. In einem Werkzeugfenster konnte man entweder herkömmlich einen Link zu einer Webseite mit einem "Datei Öffnen..."-Dialog erstellen oder man konnte ein "Gummiband" aus diesem Fenster zu der zu verknüpfenden Datei ziehen, welches nach einer erfolgreichen Verknüpfung wie ein Gummiseil wieder zurücksprang. Eyecandy halt! Das fand ich Klasse und auch sonst hatte es noch einiges zu bieten, in einer Zeit, in der es noch keine schicken Webeditoren gab.
Gut, aber nun einen Sprung in die Gegenwart: GoLive 8 (ausgeliefert mit CS2) ist einfach unsagbar lahm und schneckt nur so vor sich hin. Okay, es ist nicht optimiert für die Intelchips, aber dennoch ist es beschämend. Letztes Jahr kam dann CS3 heraus und GoLive wurde dem Konkurrenten mittlerweile des eigenen Hauses Dreamweaver geopfert und aus der CS verbannt. Konnte ich mit leben und habe dann Dreamweaver gestartet. Oh Graus, oh Gott! Was erwartete mich denn da? Haben die Entwickler von Macromedia/Adobe nicht mitbekommen, dass die Aquastripes schon seit 10.3 nicht mehr aktuell sind? Und fix war die App auch nie richtig. Da das Konzept doch anders ist als GoLive habe ich nie mehr als 10 Minuten damit verbracht, weil mir alles zu doof wurde und ich mich dann doch mit der lahmen Krücke GoLive 8 arrangieren konnte.
Obwohl es GoLive nicht in die CS3 geschafft hat, wurde es weiterentwickelt und ich habe mir die Demoversion 9 heruntergeladen. Was soll ich Euch sagen? Gegen v9 ist v8 ein richtiger Sprinter! Holla! Entsprechend habe ich es schnell wieder gelöscht, auch weil mir diese vielen Paletten und Reiter nicht richtig zugesagt haben. Bis sich bei v9 irgend etwas auf der Seite verändert hat, konnte ich mühelos Kaffeetrinken gehen – obwohl ich keinen Kaffe mag. Es soll sich sogar um eine Intelversion gehandelt habe... Vielleicht waren da ja auch Programmierer von MS mit am Werke... Wer weiß?
Und dann kam vor ein paar Tagen die Nachricht, dass GoLive eingestellt werden wird. Was für ein Wunder! Schon nachdem klar wurde, dass es nicht mehr in der CS3 dabei sein würde, dachte ich an das nahe Ende dieser App. Vielleicht ist es ein verdienter Gnadenstoß? Wer weiß?
Schon seit längerem nutze ich für neue Projekte eh Zend oder Textmate, da ich mit denen einfach schneller bin. Coda habe ich mir auch ein paar Male angeschaut, doch konnte ich mich nicht so richtig dafür erwärmen. Da fehlt mir doch ein wenig das GoLive-Feeling.
Vielleicht sollte ich mich doch auf die Suche nach einer Uraltversion von GoLive machen und testen, ob die noch mit meinem MB läuft? Dann hätte ich meine gewohnte Umgebung, einfache Tools und – hoffentlich – mehr Geschwindigkeit.

Natürlich sind Office, PS, Dreamweaver und Co wichtig und haben ihre Berechtigung. Doch müssen diese Apps so langsam aufpassen, dass sie nicht bald von anderen Programmen einge- oder gar überholt werden, wie sie damals in ihrem Gebiet andere Programme eingeholt haben. Ich bin gespannt, wie sich die Dinosaurier verhalten werden.

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